Vorsicht Woelki!

Ein Hirte, der sich auf Augenhöhe mit den Schafen befindet, hat entweder Ischias oder ist schwer betrunken«, schrieb eine Freundin in einem Kommentar auf Facebook. Anlass für diese pointierte Bemerkung war die Klage, Kardinal Woelki habe mit seiner Kritik an der Sitzordnung im Synodalen Weg deutlich gezeigt, dass er sein bischöfliches Elitetum pflegen und sich nicht unter die Schafe begeben wolle. Natürlich lässt sich leicht einwenden, das eine solche Charakterisierung nun überhaupt nicht zum Erzbischof von Köln passt. Aber vielleicht ist es gut, die Frage zu beleuchten, ob es überhaupt zur Berufsbeschreibung eines Bischofs gehört, dass er sich auf Augenhöhe mit der Herde zu befinden. Freilich ist damit nicht der Verzicht auf ein leutseliges Miteinander gemeint, ohne das man ja im Rheinland ohnehin für weder joot noch bös angesehen wird. Dagegen könnte man dann auch, dem Papst folgend, sagen: Der Hirte muss nach Schafen riechen. Allerdings gelingt das den Bischöfen (wie uns allen) mal besser, mal schlechter. Es geht also nicht um die Frage nach Arroganz, sonder um die Frage, ob er den Stab wegwerfen und mit den Lämmern blöken darf.

Ich finde ja, ein Hirte darf gar nicht auf Augenhöhe mit den Schafen sein. Er muss die Übersicht haben, sonst ist er kein Hirte, sondern schlimmstenfalls ein Wolf. Episkopos, aus dem sich das Wort »Bischof« gebildet hat, ist der, der die Übersicht hat, der »Aufseher«. Das ist nun das genaue Gegenteil vom Augenhöhe-Einhalter. Das ist das strukturell unaufgebbare Wesen des Priestertums, und es geht auf Jesus Christus selber zurück. »Wer euch hört, der hört mich, und wer euch ablehnt, der lehnt mich ab; wer aber mich ablehnt, der lehnt den ab, der mich gesandt hat« ist die Beschreibung des Jüngers durch Jesus. »Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg. Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm.« beschreibt Matthäus den Augenblick, in dem die Bergpredigt beginnt. Klare hierarchische Gliederung.

Dieser Hierarchie (heilige Ordnung) verdanken wir, dass Jesus zu uns kommen kann, und zwar ohne die mindeste Einschränkung. Wenn du, der du das liest, die Heilige Eucharistie empfängst, dann ist Jesus genau so wirksam und lebendig bei dir wie damals in Galiläa bei seinen Jüngern. Wenn du die Bibel liest, dann darfst du sicher sein, Gott spricht hier und jetzt zu dir, weil du durch die Generationen hindurch der Autorität der Apostel und der ersten Bischöfe vertraust.

Ein Bischof weiß, dass er diese Aufgabe durch seine Weihe übernommen hat, und sie ist schwer. Er ist dafür verantwortlich, dass die Herde in seinem Bistum zu Christus geführt wird. Und Gott hat ihm gesagt, dass er zur Rechenschaft für die Seelen gezogen wird. Augenhöhe mit dem Bischof haben wollen heißt also, täglich mit ihm am Rand der Hölle spazierenzugehen.

Einen gewissen Teil seiner Verkündigung widmet Jesus übrigens den Hirten, die ihre Aufgabe vergessen, es sich wohl sein lassen und so den Wolf ins Haus locken. 

Die Leute, die am vehementesten die Augenhöhe einfordern, wollen diese bischöfliche Autorität abschaffen oder einschränken. Aber in dieser Forderung nach Nivellierung steckt die Ablehnung der Herrschaft Jesu Christi, des auferstandenen Sohnes Gottes. Das gilt es zu bedenken, und dann redet man nicht mehr so unbedacht über den oder jenen, den man besonders gut oder besonders schlecht findet.

Schafft also das Amt des Bischofs ab, und ihr habt euch erfolgreich der Königsherrschaft Jesu Christi entledigt.


Kommentare

Vorsicht Woelki! — Ein Kommentar

  1. Ich fand bereits das von Papst Franziskus in seinem Schreiben Evangelium gaudium gewählte Bild des Hirten, der INMITTEN der Herde sich befindet, unglücklich.

    Nach unserem HERRN Jesus Christus geht der Hirt zu der Herde durch die Tür (Christus!) in den Schafstall und FÜHRT sie ihr vorausgehend auf gute Weide…

    Das ist etwas anderes als billige Anbiederung und ein sich-gemein-machen mit den Schafen…

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